Das Verteidigungsministerium hat eine interne Lageanalyse erstellt, die der BILD-Zeitung vorliegt. Diese Analyse enthüllt bislang unbekannte Details über den Ukraine-Krieg und zeigt, wie ukrainische Soldaten versuchen, den Gegner durch Sabotageaktionen weit hinter der Kampflinie zu schwächen.
Gemäß dem als „Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuften Bericht haben „wahrscheinlich pro-ukrainische Widerstandsgruppen durch Sabotageaktivitäten die Haupteisenbahnverbindung in Richtung ukrainischem Festland unterbrochen“. Diese Sabotageaktionen fanden im Oblast (Verwaltungsgebiet) Saporischja statt, das von russischen Truppen besetzt ist. Die Bahnstrecke wurde auch auf der Krim angegriffen, die 2014 von Russland annektiert wurde. Dies belegt, dass ukrainische Kräfte immer noch in Regionen aktiv sind, die unter russischer Kontrolle stehen und weit hinter der Frontlinie liegen.
Darüber hinaus berichten die deutschen Experten des Verteidigungsministeriums, dass am 7. Juni eine Düngemittelpipeline in der Region Charkiw, die sich auf ukrainisch kontrolliertem Gebiet befindet, gesprengt wurde. Vor dem Krieg wurde über diese 2500 Kilometer lange Pipeline das Exportgut von Russland transportiert, um es von Odessa am Schwarzen Meer weltweit zu verschiffen. Seit Kriegsbeginn ist der Betrieb der Pipeline eingestellt.
Im April 2023 forderte Russland, dass das Düngemittel wieder über die Pipeline geliefert werden dürfe. Das Land gibt an, Einnahmen von bis zu 2,5 Milliarden Dollar zu verlieren. Es ist unklar, wer für den Sabotageakt verantwortlich ist, und sowohl russische als auch ukrainische Kräfte schieben sich gegenseitig die Schuld zu. Das Verteidigungsministerium schließt in seiner internen Lageanalyse eine mögliche ukrainische Beteiligung an der Zerstörung der Pipeline nicht aus, da sich die Pipeline auf Gebiet befindet, das von ukrainischen Kräften kontrolliert wird. Eine Wiederinbetriebnahme der Pipeline hätte vor allem den Russen genutzt.
Die interne Analyse des Verteidigungsministeriums beschreibt die russische Gegenoffensive als Verteidigung der Front aus ausgebauten Stellungen mit allen verfügbaren Kräften. Die russische Armee setzt verstärkt auf Luft-, Raketen- und Drohnenangriffe, um den ukrainischen Streitkräften Verluste zuzufügen.
Besonders brisant ist die Situation in der ostukrainischen Stadt Bachmut, die vor Kurzem von den Russen nach monatelangen Kämpfen eingenommen wurde. Laut dem deutschen Verteidigungsministerium stehen die russischen Kämpfer im Raum Bachmut „weiterhin unter Druck“ und kontrollieren wahrscheinlich derzeit nicht mehr das gesamte Stadtgebiet.